morgen war gestern
es beginnt mit einem schlag gegen die stirn, noch kalt, und ich drehe mich ruckartig um, die schultern hochgezogen. der rücken macht sich klein, rollt mich zusammen und wartet, bis langsam die wärme kommt. mit diesem buckel bin ich neunzig jahre alt. ich greife hinter mich, verdrehe die hand und schraube am roten knauf. die erlösung tritt nach schmerzhaften fünfzehn sekunden ein. alles entspannt sich, gibt nach, und die muskeln fallen lose vom skelett. mit den händen drücke ich mich einen schritt zurück, hinein in den strahl. wie hundert finger, krähenfüße, die auf die kopfkrone trommeln. und es fließt nicht an mir herab, es fließt durch mich hindurch. meine waden saugen es auf, mein nabel ertränkt das meer in mir mit frischem wasser, meine hände öffnen ihre blüten. alles schmeckt nach honig. alles ist neu.
ich drücke mein nasses haar aus und es fällt asche auf den boden. ich reibe meine haut trocken und schwarze kruste bröckelt von meinem arm.
wir haben es gelöscht, aber die spuren kann ich nicht abwaschen.
meine nackten füße spielen mit den zotten des badezimmerteppichs. ich bin so nahe am spiegel, dass ich mein gesicht nicht ganz sehe. alles details. alles nur ausschnitte. ich male einen strich über mein lid, als wäre er die grenze zwischen augen und gehirn; ziehe eine linie, einen rubikon zu meinen gedanken. ich will nur schönes sehen heute. hätte ich weniger geschmack, ich würde die lippen rosafarben versiegeln. nur liebesgedichte zitieren, nur lächeln, den ganzen tag. aber ich schmecke viel zu viel.
ich bin die wiederholung deines namens.
ich bin der immer gleiche gedanke.
ich bin das mantra, das jede zelle atmet.
ich bin der tag unserer ersten begenung.
ich bin und bleibe meine haut unter deiner.
genau das ist der haken, sagte der fisch
(und biss zu)
camena - 2. Feb, 21:23
camena - 5. Feb, 07:25
natürlich...
wir sprechen von zwei verschiedenen toden. ich meinte den, der während des physischen weiterlebens passiert, den grausamen. der, den du beschreibst, ist vollkommen anders... besser... - süß? leicht zumindest, ja. leicht trifft es sogar ganz genau. kennst du das gefühl von negativer g-belastung? der höhepunkt beim schaukeln zum beispiel. so ist mein gefühl vor dem aufschrecken. (wann bist du das letzte mal auf einer schaukel gesessen? - wenn es zu lange her ist, dann geh in den nächsten park...)
das muss darum nicht schlechter sein; ich meine den haken. man geht ein in eine welt, deren sauerstoff zu rein für die kiemen ist, & so stirbt man im konzentrierten oxygen (!): war sterben je süßer als so? aus dem wasser gezogen, zappelnd, in einer welt, in der der himmel konvex gebogen die augen zerschlägt, - augen, die nicht blinzeln, augen, die keinen schlaf kennen? was könnte angenehmer sein?
kennst du nicht das gefühl, des nachts: die bettdecke auf dem atmenden körper, der kopf im kissen versenkt, der herzschlag zerpulst die träume, - & dann, für eine sekunde, für die ewigkeit, da merkst du, wie dein geist, dein verstand, ach: dein bewusstsein!, ausrutscht, gleitet, & du spürst, wie alles steigt, wie dein ich zerspringt?
(falls ja:) ich klammere mich an meinen körper, an das wachsein & schrecke auf, fürchte: so ist das sterben, & ich rede mir auch jetzt ein, dass es so ist, aber sei's drum. ich schrecke deswegen auf, sehe mit aufgerissenen augen ins dunkle zimmer, weil der moment, dieses bewusste abrutschen, so sanft ist. so leicht. weil es sich so anfühlt, als wäre alles egal. das ist der tod: er nichtet dich, - lass los, denn es ist süß. darum ist es kein dreck. (gar nicht). gleichzeitig: furchtbar. denn wie einfach ist es? (die frage ist ja schließlich diese: wenn das sterben löst, warum kralle ich mich dann ins leben?) kirillow.
(falls nicht): nimm es als metapher.
ich denke, wir sterben nicht.
(though lovers be lost love shall not).